(Drohende) Kürzungen der OKJA
Stellungnahme AGJF BW
Offene Kinder- und Jugendarbeit: Pflicht, Chance und Fundament unserer Gesellschaft
Stellen Sie sich einen Ort vor, an dem junge Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sozialem Status willkommen sind. Einen Ort, an dem sie ihre Talente entdecken, Freundschaften schließen, Demokratie erleben und Krisen meistern lernen. Genau das ist Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) – und sie ist in diesen bewegten und gerade für junge Menschen herausfordernden Zeiten wichtiger denn je!
OKJA ist gesetzlicher Auftrag – und gesellschaftlicher Auftrag
Was viele nicht wissen: Die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist kein „Nice to have“, sondern eine im §11 SGB VIII gesetzlich verankerte Pflichtaufgabe der Kommunen. Jugendämter und Kommunen sind verpflichtet, jungen Menschen Räume, Begleitung und echte Beteiligung zu ermöglichen – unabhängig von Haushaltslage oder politischer Stimmung. Diese Aufgabe ist im Landesrecht von Baden-Württemberg sogar noch einmal ausdrücklich bestätigt. Viele Querschnitts- und Pflichtaufgaben des SGB VIII, wie z.B. Partizipation und Inklusion deckt die OKJA ab!
Finanzielle Herausforderungen, Kürzungen und Haushaltsdebatten
In Baden-Württemberg bedrohen tragende Säulen der Kinder- und Jugendarbeit. Jede Kürzung hat Konsequenzen: Sie schränkt Bildungs- und Entwicklungschancen ein, mindert gesellschaftliches Engagement und schwächt das Vertrauen junger Menschen in die Politik. Insbesondere vor dem Hintergrund steigender psychischer Belastungen und gesellschaftlicher Spannungen – laut Jugendstudie 2024 fühlen sich zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen psychisch stark belastet – wäre ein Rückbau von Angeboten fahrlässig.
Social Return on Investment (SROI) - Investition mit vielfachem gesellschaftlichem Mehrwert
Eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit zu SROI-Analysen im Bereich von präventiven und unterstützenden Programmen für Kinder und Jugendliche zeigt, dass die gesellschaftliche Rendite je investiertem Euro zwischen 1,19 und 23,5 Euro liegt. Diese Analysen entspringen dem Feld der Gesundheitsförderung, Prävention und sozialer Unterstützung und sind damit vergleichbar mit den Leistungen der OKJA.
Diese Daten beweisen eindrücklich: Ausgaben für die Offene Kinder- und Jugendarbeit sind keine konsumtiven Kosten, sondern Investitionen mit nachweislich hohem Rückfluss für Kommunen und Gesellschaft. In einer alternden Gesellschaft mit immer weniger jungen Menschen, die künftig die sozialen und finanziellen Lasten für deutlich größere ältere Jahrgänge tragen müssen, sind starke junge Generationen eine zentrale Zukunftsvoraussetzung. Der 15. Kinder- und Jugendbericht zeigt, dass frühe Investitionen in Bildung, Teilhabe und Unterstützung von jungen Menschen – wie sie die Offene Kinder- und Jugendarbeit bietet – ihre Fähigkeit stärken, diese wachsende Verantwortung zu schultern und langfristig öffentliche Systeme zu entlasten.
OKJA als Motor für sozialen Frieden und Demokratie
Die offene Kinder- und Jugendarbeit stärkt den sozialen Frieden, indem sie allen jungen Menschen Räume anbietet, unabhängig von Herkunft, Bildungsstand oder Status. Hier lernen Kinder & Jugendliche, Konflikte konstruktiv zu lösen, Vielfalt als Bereicherung zu sehen und ihre Interessen in den gesellschaftlichen Dialog einzubringen. Die OKJA legt damit die Grundlage für einen gelingenden gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine tolerante, demokratische Zivilgesellschaft.
Darüber hinaus vermittelt OKJA konkrete Demokratiekompetenz
In Beteiligungsprojekten, Gremienarbeit oder im Alltag erleben Heranwachsende, dass ihr Engagement zählt und sie ihre Kommune mitgestalten können. Diese frühe Partizipation wirkt nachweislich präventiv gegen Demokratieverdrossenheit, Polarisierung und Radikalisierungstendenzen.
Warum ist OKJA so wichtig?
Unsere Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen
Kinder und Jugendliche erleben Unsicherheiten, psychische Belastungen und Zukunftssorgen wie selten zuvor.
Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird auf die Probe gestellt.
Demokratie, Teilhabe und Integration müssen immer wieder neu gelernt und gelebt werden.
Hier setzt die OKJA an: Sie ist Anlaufstelle für junge Menschen und bietet Halt, Orientierung und echte Chancen zur Mitgestaltung. Sie ist ein Schutzraum gegen Ausgrenzung, ein Motor für Integration und ein Labor für Demokratie. Sie erreicht gerade auch diejenigen, die von anderen Angeboten nicht profitieren – und wirkt damit vorbeugend gegen gesellschaftliche Spaltung, Radikalisierung und Perspektivlosigkeit.
OKJA ist Zukunftssicherung
Wer heute in die Offene Kinder- und Jugendarbeit investiert, hat verstanden, dass Investitionen nicht warten können, sondern heute der Boden bestellt werden muss, damit Kinder und Jugendliche auch in Zukunft wachsen und blühen können. Die OKJA ist eine Investition in starke, resiliente und engagierte junge Menschen – und damit in das Fundament unseres Zusammenlebens.
Unsere Forderung
Offene Kinder- und Jugendarbeit ist nicht verhandelbar – sie ist Verpflichtung und Versprechen einer Gesellschaft an ihre Kinder und Jugendlichen. Lassen Sie uns dieses Versprechen gemeinsam einlösen.
Stellungnahme der AGJF Sachsen
Die AGJF Sachsen fordert Landkreise, kreisfreie Städte und den Freistaat auf, Jugendhilfeplanungen verbindlich umzusetzen, die Jugendarbeit rechtlich wie finanziell zu stärken und die Jugendpauschale zukunftssicher sowie kosten- und demografiefest auszugestalten. Alle Träger und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen, sich solidarisch gegen die geplanten Einschränkungen zu positionieren und die Interessen junger Menschen laut und sichtbar zu vertreten.