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Wie war das noch mal mit der Neutralität? Die Seite „offen politisch“ gibt Antworten

Die Offene Kinder- und Jugendarbeit war und ist politisch. Sie muss es sein, wenn sie ihrem Auftrag gerecht werden will. Darum geht es auf „offen politisch“: um politische Themen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, aber auch darum, dass diese eine politische Haltung offen vertritt, für ein demokratisches und gleichberechtigtes Miteinander eintritt und die Positionen der Jugendlichen gegenüber der Politik sichtbar macht. So weit so klar. Doch was bedeutet für Fachkräfte Neutralität z.B. im Umgang mit politischen Parteien im Vorfeld von Wahlen?

Die Prinzipien der Offenheit, Freiwilligkeit, Beteiligung, Haltungen wie Parteilichkeit und Akzeptanz sowie Niedrigschwelligkeit und Verschwiegenheit sind grundlegend für die Arbeit der OKJA im Gemeinwesen. Der an den Menschenrechten orientierte Auftrag der politischen- und Demokratiebildung der OKJA kann nicht neutral sein gegenüber Rassismus, Sexismus, Trans- und Homofeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus, Fundamentalismus, Klassismus und anderen sozialen Ausgrenzungs- und Ungleichheitsmechanismen. Nimmt die OKJA diesen Auftrag und ihre Rolle als parteiliche und anwaltschaftliche Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen ernst, so kann sie gar nicht anders, als sich politisch zu positionieren: gegen Armut und ungleiche Lebensverhältnisse und für die kooperative Mitbestimmung gesellschaftlicher Entwicklung.

Neutralität in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit bedeutet nicht, unpolitisch oder meinungslos zu sein. Stattdessen geht es darum, einen ausgewogenen und fairen Ansatz zu verfolgen. Hier sind einige konkrete Möglichkeiten, Neutralität in der Praxis umzusetzen:
1. Vielfältige Perspektiven anbieten: Organisieren Sie Diskussionsrunden oder Informationsveranstaltungen, bei denen verschiedene politische Ansichten vertreten sind
2. Kritisches Denken fördern: Ermutigen Sie Jugendliche, Informationen zu hinterfragen und eigene Schlüsse zu ziehen, anstatt ihnen fertige Meinungen zu präsentieren
3. Menschenrechte als Grundlage: Positionieren Sie sich klar gegen Diskriminierung und für Menschenrechte. Das Programm der AfD ist diskriminierend und entspricht nicht den Menschenrechten. Dies darf benannt werden. Es sollten trotzdem keine Wahlempfehlungen „deshalb wählt Partei xy“ gemacht werden.
4. Partizipation ermöglichen: Beziehen Sie Kinder und Jugendliche in Entscheidungsprozesse ein, z.B. bei der Gestaltung von Angeboten oder Räumlichkeiten
5. Offenheit für alle: Stellen Sie sicher, dass Ihre Einrichtung für alle Jugendlichen zugänglich ist, unabhängig von deren Hintergrund oder politischer Orientierung . Vertreten die Jugendlichen diskriminierende Haltungen, beziehen Sie klar Position und schützen Sie betroffene Jugendliche.
6. Selbstreflexion der Fachkräfte: Seien Sie sich Ihrer eigenen politischen Ansichten bewusst und vermeiden Sie es, diese den Jugendlichen aufzudrängen
Durch diese Ansätze können Fachkräfte in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit Neutralität wahren und gleichzeitig einen Raum für politische Bildung und demokratische Teilhabe schaffen.

Zur Homepage „offen politisch“
https://www.offen-politisch.de/inhalte/ist-okja-politisch?view=article&id=30&catid=10

Neutralität in der politischen Bildung heißt nicht Werte-Neutralität
Im Gegenteil, politische Bildung für Kinder und Jugendliche soll im Sinne der demokratischen Grundordnung stattfinden. Diese fußt auf den allgemeinen Menschenrechten. Werden Menschenrechte durch die Verbreitung von Diskriminierung, Abwertung und Hass verletzt, darf dies - unabhängig von welcher Partei - auch so thematisiert werden.

Was muss ich als Einrichtung eines öffentlichen Trägers beachten? Was als freier Träger?
Für öffentliche und freie Träger gelten - was die Wahrung der Chancengleichheit für Parteien angeht (und diese wird dann häufig als “Neutralität” gedeutet), unterschiedliche Richtlinien.
Öffentliche Träger müssen - quasi als Vertreter des Staates - die Grundrechte Dritter (z.B. von Parteien) wahren und können sich nicht selbst auf Grundrechte berufen (z.B. „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern“, Artikel 5 GG).
Freie Träger “dürfen” etwas mehr als öffentliche Träger. Da sie als juristische Person dem Privatrecht angehören, gilt für sie das verfassungsrechtliche Neutralitätsgebot aus Art.21 Abs.1 S.1 GG nicht unmittelbar. Da sie aber häufig nach dem Steuerrecht gemeinnützig sind, dürfen keine rein parteipolitischen Aktivitäten unterstützt werden.

Öffentlicher Träger
Vertritt eine am politischen Wettbewerb teilnehmende Partei, wie die AfD,systematisch rassistische beziehungsweise rechtsextreme Positionen, sei es durch ihr Programm oder dadurch, dass sich ihre Führungspersonen wiederkehrend entsprechend äußern, dürfen Fachkräfte das thematisieren. Dies ist auch nicht davon abhängig, wie bedeutsam eine Partei im politischen Wettstreit ist. Die Frage, ob eine Partei rassistische Positionen vertritt, hat nichts mit der Frage zu tun, wie viel Zustimmung sie bei Wahlen erfährt.
Als öffentlicher Träger dürfen Fachkräfte nicht die Chancengleichheit von Parteien einschränken.
Öffentliche Träger dürfen zwar nicht einzelne Parteien gezielt „auseinandernehmen“, sie müssen aber nicht „neutral“ im Sinne einer Wertneutralität sein, sondern dürfen im Sinne des Grundgesetzes Stellung beziehen und auf solche Aussagen hinweisen, die sich gegen unser Grundgesetz richten.

Freie Träger
Die gelegentliche politische Betätigung auch außerhalb der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke gefährdet die Gemeinnützigkeit eines Vereins nicht.
Beispiel: Vom Bundesfinanzministerium wird es als unproblematisch angesehen, wenn vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung genommen wird, also ein Sportverein zum Klimaschutz aufruft oder sich gegen Rassismus positioniert. Auch die Beteiligung eines Musikvereins an einer Kampagne gegen Kinderarmut dürfte vom Finanzamt nicht beanstandet werden.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass auch Gelder des Vereins für solche Kampagnen eingesetzt werden dürfen. Genauso wenig dürfen diese für bestimmte Parteien ausgegeben werden. In diesem Zusammenhang gilt ebenfalls, dass Mittel ausschließlich für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden dürfen.

Muss ich alle Parteien zu einer Wahlveranstaltung einladen?
Wenn ein Verein Vertreter*innen von einigen Parteien zu einer Podiumsdiskussion einladen möchte, dann muss er die Wahl der eingeladenen Vertreter*innen (und damit auch die Nicht-Einladung von Vertreter*innen der Partei Y) sachlich begründen können.

Beispiele für sachliche Begründungen
• Kapazität (bei einer Podiumsdiskussion nicht ausreichend Platz auf dem Podium)
• Je ein*e Vertreter*in aus Mehrheit und Opposition werden eingeladen (Gebot der Pluralität)
• Nur jugendpolitische Sprecher*innen oder Partei-Expert*innen für ein Thema werden eingeladen
• Die Parteien mit den meisten Stimmen bei der letzten Wahl werden eingeladen (Prinzip der abgestuften Chancengleichheit)
• Bestimmte Vertreter*innen verstoßen gegen die klar formulierten Werte des Vereins (Achtung, hierfür braucht es dann eine gute, sachliche Begründung und „Beweise“, also Beispiele für die Verstöße).
Immer gut ist es, wenn Sie bestimmte Werte auch in Ihrer Satzung formulieren, z.B. “Wir setzen uns als Verein klar gegen Rassismus und Sexismus ein” oder etwas Ähnliches. Auf diese könnt ihr euch später immer wieder berufen.

Unerwünschte Personen kommen zur Veranstaltung
Als freier Träger haben Fachkräfte jederzeit das Recht, vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Das Hausrecht auszuüben bedeutet, darüber zu entscheiden, wer Zugang zu Räumlichkeiten oder Veranstaltungen erhält bzw. wer die Räumlichkeiten verlassen muss.

Vereine haben grundsätzlich immer das Hausrecht über ihre Räumlichkeiten und Veranstaltungen. Wenn ein Verein das Hausrecht ausübt, muss er das nicht begründen.
Gegenüber Nicht-Mitgliedern gilt das Hausrecht ohne Voraussetzungen. Eine Begründung für dessen Ausübung ist auch dann nicht notwendig, wenn der Verein die Örtlichkeit (oder eine Veranstaltung) für den allgemeinen Publikumsverkehr beispielsweise im Rahmen eines Festes oder einer Podiums- oder Diskussionsveranstaltung geöffnet hat .