Offene Jugendarbeit ist eines jener Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, das allzu oft einem Wechselbad ausgesetzt wird. Die offene Arbeit ist einerseits einem kontinuierlichen Wandel unterworfen und insofern gezwungen zu experimentieren, Risiken einzugehen, andererseits kommt sie gerade deswegen allzu oft ins Gerede oder wird sogar existentiell in Frage gestellt. In den letzten zehn Jahren haben die Gewaltdebatte und damit verbundene Erwartungen und konzeptionelle Fragestellungen, die Auseinandersetzung mit neuen Steuerungsmodellen sowie eine Vielzahl neuer Zugänge zur Jugendarbeit die Diskussion dominiert. Jugendarbeit wird zunehmend als differenziertes und segmentiertes Arbeitsfeld empfunden.
Vor diesem Hintergrund und verbunden mit der Fragestellung nach der Zukunft Offener Jugendarbeit wurde in Zusammenarbeit zwischen den Herausgebern und der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Baden-Württemberg e.V. (AGJF) die Idee entwickelt, einen Sammelband “Offene Jugendarbeit: Entwicklungen - Praxis - Perspektiven” zu veröffentlichen, in dem diese unterschiedlichen Zugänge gleichberechtigt zur Geltung kommen können. Stärker als bei anderen Publikationen war daran gedacht, die unterschiedlichen Facetten der Praxis in den Vordergrund zu stellen, ohne dabei die Theoriedebatte um “Offene Jugendarbeit” auszublenden.
In einem ersten “allgemeinen Teil” wird Offene Jugendarbeit mit ihrer historischen Entwicklung und ihren Verbindungen zu gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen dargestellt. Ebenso werden Anforderungen an die Träger sowie Kompetenzen der Mitarbeiter*innen beschrieben.
“Grundlegende Zugänge” werden im zweiten Teil bearbeitet. Die hier vorgestellten Beiträge befassen sich mit Fragestellungen, die in der Diskussion bzw. der realen Entwicklung Offener Jugendarbeit in den vergangenen zwanzig Jahren eine zentrale Rolle gespielt haben. Hierzu gehören Themen wie geschlechterdifferenzierende Arbeit, die Arbeit mit nichtdeutschen Jugendlichen ebenso wie die Entwicklung stadtteilbezogener Kooperationsformen oder eine Sichtweise, die Jugendarbeit als Teil kommunaler Infrastruktur begreift.
Ein umfangreicher dritter Teil, “arbeitsfeldbezogene Zugänge” genannt, läßt ausnahmslos Praktiker*innen zu Wort kommen, die Beispiele gelingender, reflektierter Praxis vorstellen. Mädchenarbeit, Jungenarbeit, offene Arbeit mit Kindern, die Arbeit mit Punks und rechten Cliquen und nichtdeutschen Jugendlichen sind in besonderer Weise zielgruppenorientierte Vorgehensweisen. Darstellungen zu Fragen der Selbstorganisation, des gelingenden Alltags sowie die Beschreibung der besonderen Anforderungen an selbstverwaltete Einrichtungen schließen sich an. Ferner werden Beispiele an besonderen Schnittstellen beschrieben: Die Modifikation vom “Kiez-Projekt” zur internationalen Arbeit, das Spannungsverhältnis zwischen Offener Jugendarbeit und Kulturarbeit, die Erweiterung Offener Jugendarbeit um mobile Angebote, und schließlich: Die besonderen Herausforderungen, die eine Einrichtung, ihre Besucher und ihre Mitarbeiter vor und nach der Wende in Ostdeutschland durchleben.
In einem abschließenden vierten Abschnitt des Buches werden übergeordnete fachliche Aspekte als Perspektiven der Offenen Jugendarbeit diskutiert: Fragen der Fortbildung, der Qualitätssicherung sowie die Rolle Offener Jugendarbeit im Kontext von Jugendhilfeplanung. Das Spektrum der Beiträge ist also breit.
Offene Jugendarbeit - Entwicklungen, Praxis, Perspektiven
262 Seiten
Leinfelden 1999
ISBN 3-925882-23-5
Herausgeberin: Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen e.V.